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Wer nimmt guten Gewissens Kinderkranktage? Oder: Familien als Verlierer der Pandemie?

Inzwischen hat sich die Politik für die Familien mit Kindern unter 12 Jahren folgende Lösung einfallen lassen: man darf jetzt pro Kind und Elternteil 30 (bzw. als Beamter 25) Kinderkranktage nehmen, wenn die Schulen/Kindergärten geschlossen sind;  bei drei kleinen Kindern sind das dann 90, äh nein 65 (bzw. als Beamter 61) Kinderkranktage (*räusper*- ihr seht, hier wurde die Anzahl gedeckelt).

Die Gesetzeslage und Bestimmungen zu den Kinderkranktagen sind teilweise komplex – Zusammenfassungen für die Regelung ab April 2021 könnt ihr z.B. hier finden: https://www.gew-bw.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/coronabedingte-kinderbetreuung-neuregelungen-2021/; https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/kinderkrankengeld-1836090. Durch die Presse hat man von dieser Erweiterung der Kinderkranktage leider wenig mitbekommen.

Was macht man nun mit dieser zunächst einmal entgegenkommenden Regelung?

  • Vorteile der Kinderkranktage:
    • Finanzen + Coronarisiko: Man kann ohne größere Verdienstausfälle die Kinder zu Hause (also mit minimiertem Corona-Risiko) betreuen. Die Notbetreuung muss man dafür seit diesem Jahr nicht mehr in Anspruch nehmen.
    • Tagesablauf der Kinder + Familienleben: Wenn man die Kinder zu Hause betreut und nicht arbeiten muss, stehen die Kinder und die Arbeit nicht mehr in Konkurrenz zueinander. Die Kinder können die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern bekommen. Auch die Freizeit kann besser gestaltet werden; die Kinder erleben weiterhin auch hier in vielen Bereichen große Einschränkungen, die die Eltern kompensieren müssen – sonst macht das ja keiner.
  • Nachteile der Kinderkranktage:
    • Arbeitsorganisation: Mit drei Kindern wäre es möglich gewesen, den Großteil aller Arbeitstage 2021 von Januar bis heute im Mai mit Kinderkranktagen abzudecken, also schlicht meinem Arbeitgeber gar nicht zur Verfügung zu stehen. Und falls man doch zur Arbeit kommen kann, weil einmal alle Einrichtungen geöffnet sind, dann natürlich immer nur kurzfristig, da man gewöhnlich immer erst Donnerstag oder Freitag weiß, wie es in der kommenden Woche weitergeht.
    • Ansehen der Arbeitnehmer/Beamten mit Kindern innerhalb der Arbeitsstelle: Die Hürde, die Kinderkranktage wirklich in Anspruch zu nehmen, empfinde ich als sehr hoch. Ich gehe davon aus, dass es bei vielen Arbeitsstellen eine Retourkutsche geben wird, wenn man diese Kinderkranktage nimmt. Sei es seitens der Arbeitgeber als auch der Kollegen. Ich denke, wer die Probleme von Homeoffice mit gleichzeitiger Kinderbetreuung oder allgemein die Belastungssituation von Familien in der Coronazeit nicht aus eigener Erfahrung kennt (und auch hier können die Unterschiede enorm sein!), kann sich das Ausmaß der Belastung nicht/nur ansatzweise vorstellen. Schnell haben die Eltern dann den Ruf weg, bei (fast) voller Bezahlung zu Hause „Urlaub“ zu machen und die Arbeit den Kollegen zu überlassen. Erst recht, wenn es im Betrieb auf der einen Seite Eltern gibt, die sämtliche Kinderkranktage in Anspruch nehmen und auf der anderen Seite Eltern, die keinen einzigen Tag zu Hause bleiben und immer zur Verfügung stehen. Die Hintergründe kennen die Vorgesetzten und Kollegen oft nicht einmal ansatzweise (z.B. Partner in Kurzarbeit, Verwandte können problemlos einspringen, Schule ist im anderen Landkreis geöffnet, …), es interessiert sie oft auch einfach nicht. Wie man seine Kinder betreuen lässt, ist in Deutschland gewöhnlich alleinige Sache der Eltern.
    • Karriere: Wenn man es genau nimmt, müssten die Eltern, die diese Kinderkranktage nicht in Anspruch nehmen, bzw. sie nicht ausschöpfen, eine besondere Wertschätzung erfahren. Wie wäre es, wenn sie bei der nächsten Beförderungsrunde ganz oben auf der Liste stehen? Immerhin haben sie monatelang doppelte Arbeit geleistet. Oder wie wäre es vielleicht mit einem Monatsgehalt vom Staat als „Urlaubsgeld“– das können die Eltern dann gerne auch z.B. an die Großeltern weitergeben, die oft genug monatelang plötzlich (trotz Zugehörigkeit zur Risikogruppe) für die Kinderbetreuung zuständig waren. Wenn man ehrlich ist, reicht dafür ein Monatsgehalt nicht einmal aus …
      (Aber nein, in Deutschland ist Care-Arbeit üblicherweise kostenlos! Das machen die Großeltern gerne und daher auch in unbegrenztem Maß kostenlos! Ich vergaß … ;-))
    • Familienorganisation: Auch bei nur einem Kind kann der Betreuungsaufwand bei geschlossenen Einrichtungen erheblich sein. Die dafür vorgesehenen Kinderkranktage reichen dann bei weitem nicht aus.

Fazit zur Erhöhung der Kinderkranktage
Für mich persönlich ist diese Kinderkrankregelung ja eine nette Idee (tatsächlich um Meilen besser als die mangelhafte Unterstützung 2020), aber leider nicht wirklich praxistauglich. Z.B. in meinem Beruf als Lehrerin ist es so, dass bei kurzfristigen Ausfällen keine dauerhafte Vertretungskraft den Unterricht übernehmen wird. Darunter leiden wiederum die Schüler/Kinder und es belastet die Kolleginnen und Kollegen zusätzlich. Und auch in den meisten anderen Berufen ist diese Art des „Arbeitnehmerausfalls“ kaum zufriedenstellend zu lösen. Eine Planbarkeit ist so nie gegeben und das schlechte Gewissen, dass jetzt die Arbeit liegen bleibt, ist groß. Die Frage ist ja zudem immer auch, ob und wie viele Kranktage es gibt, ob man zum Kreis gehört, der sie nehmen darf (und Lohnersatz erhält), und ob die Regelungen ausgedehnt/verlängert werden. Hätte man hier eine Garantie, könnte man mit dem Arbeitgeber vielleicht ganz andere (bessere!) Regelungen vereinbaren. So, dass auf beiden Seiten eine größere Verlässlichkeit gegeben wäre. Z.B. eine mittelfristige generelle Arbeitszeitreduzierung durch eine eingeplante Berücksichtigung der Kinderkranktage. Die Eltern können inzwischen wahrscheinlich selbst ganz gut einschätzen, wieviel sie mit den Kindern zu Hause stressfrei arbeiten können, wieviel Notbetreuung sie in Anspruch nehmen können/wollen und welche Rahmenbedingungen verbessert werden könnten.
Da wären wir quasi wieder bei der schon gleich zu Beginn der Pandemie geforderten Corona-Elternzeit. Hätte den Vorteil gehabt, auf eine bewährte Struktur zurückgreifen zu können und ein Stück Planbarkeit auf beiden Seiten zu erhalten. Da frage ich mich schon, warum man diesen Kinderkranktagen den Vorzug gegeben hat.

Weiteres Problemfeld: Familien in Deutschland benachteiligt?
Insgesamt würde ich sagen, dass die Regierung bei der Unterstützung der Eltern in der Coronakrise inzwischen vorwiegend darum bemüht ist, akute finanzielle Nachteile in Grenzen zu halten. Das ist natürlich löblich und wichtig, auf einer anderen Ebene bleibt aber eine wichtige Frage offen: wie können Eltern davor geschützt werden, mittel-und langfristig in ihrem Beruf finanziell und karrieretechnisch Nachteile durch Corona und die damit verbundenen Einschränkungen durch die umständliche Kinderbetreuung zu erleiden? Da sind wir in Deutschland bei einer Grundsatzfrage, die durch Corona eine noch größere Relevanz erhält und zu der gerade eine Petition läuft: https://www.openpetition.de/petition/online/proparents-brigitte-und-eltern-fordern-elternschaft-als-diskriminierungsmerkmal-ins-agg.
Es geht hier darum, einen wichtigen Schritt gegen Diskriminierung von Müttern und Vätern zu unternehmen. Die Petition liest sich etwas nüchtern und juristisch, wenn man allerdings die weiteren Informationen und Hintergrundinformationen auf www.proparentsinitiative.de, www.brigitte.de/elternrechte und www.eltern.de/elternrechte liest, wird die Relevanz des Themas für Eltern im Alltag deutlich. Interessant sind auch die Kommentare unter https://www.openpetition.de/petition/kommentare/proparents-brigitte-und-eltern-fordern-elternschaft-als-diskriminierungsmerkmal-ins-agg.
Nach der Lektüre der Kommentare bin ich sehr ernüchtert und schockiert. Ich möchte eigentlich nicht zu einer strukturell benachteiligten Gruppe gehören und dachte, wir seien in Deutschland inzwischen schon Jahrzehnte weiter. Ich dachte, die vielen „Einzelfälle“, die ich in meinem Leben schon selbst erlebt oder mitbekommen habe, seien nur unglückliche Einzelfälle/Zufälle. Dem ist aber offenbar nicht so. Mütter und Väter haben auch heute noch nach wie vor große Probleme, Familie und Beruf zu vereinbaren, auch wenn die Politik seit Jahrzehnten (!) etwas anderes verspricht. Mir scheint, wir alle haben die Diskriminierung von Eltern schon so verinnerlicht, dass wir sie im Alltag kaum mehr negativ wahrnehmen – es hat sich quasi eine Betriebsblindheit eingestellt. Diese macht es leider besonders schwer, den Status Quo zu verändern.

Wie ihr vielleicht gemerkt habt, platzt mir bei diesem Thema regelmäßig die Hutschnur (oder wie die Engländer sagen: my hat line bursts! ;-)) und ich schwanke zwischen Ärger und Ernüchterung. Vielleicht kommt z.B. mit dieser Petition mal wieder etwas mehr Bewegung in die Sache – das Thema Familie und Diskriminierung ist ja bisher in den Medien nur ein Thema am äußersten Rand (am ehesten im Zusammenhang mit dem Thema Wohnungssuche). Noch wichtiger als eine Gesetzesänderung wäre allerdings ein Paradigmenwechsel – und bei diesem spielt unsere eigene Generation eine wichtige Rolle. Ganz sicher gibt es sehr bald die große Chance, dass nach Corona genau unsere Generation der (überwiegend) gleichberichtigt Erziehenden und gleichberechtigt Erwerbstätigen die Chefsessel und Teamleitungen übernimmt und der nachkommenden Elterngeneration Verständnis und Unterstützung entgegenbringt. Hoffen wir, dass wir dann nicht den traurigen Fehler begehen und Sätze sagen wie: „Das gibt es hier nicht.“ „Übrigens hatten wir es damals auch nicht einfach während Corona.“ „Für uns gab es auch keine Unterstützung.“ „So ist das eben wenn man Kinder hat.“ „Wir haben das doch auch hinbekommen“.

Glücklicherweise gibt es aber viele Mitmenschen, die die Probleme ebenfalls sehen und aussprechen. Wenn Presse und Politik ein ehrliches Interesse an dem Thema haben, wäre es wichtig, jetzt genau hinzuschauen und zu handeln!

Update zur Petition Juli 2021: Hier werden die Stellungnahmen der Bundestagsangehörigen zur Petition veröffentlicht.


Noch ein paar weiterführende Links:

  • Und ein umfangreicher Bericht zur Lage in Deutschland gibt es inzwischen auch (z.T. mit Berücksichtigung der Situation während der Corona-Pandemie): Familienbericht „Eltern sein in Deutschland „ – herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Für familienpolitisch interessierte Personen/Arbeitnehmer/Arbeitgeber ein ganz aktueller lesenswerter Wälzer. Tipp für Leser mit wenig Zeit: nur die Fazits zu den einzelnen Kapitel der Studie lesen und ggf. weitere interessante Kapitel nach persönlichem Interesse im Inhaltsverzeichnis ausfindig machen. Die Stellungnahme der Bundesregierung zu Beginn des Berichts fand ich persönlich weniger spannend als den Bericht selbst.

Zwischenbericht – 10 Wochen Elternzeit

To put it in a nutshell: Langeweile kam definitiv noch keine auf!

Hier eine kurze Übersicht, wie unsere Kinder in den letzten Wochen betreut waren:

KW 8: Kind 1: Fernunterricht, Kind 2: Wechselunterricht (Mo+Mi+Fr vormittags Schule), Kind 3: Kindergarten

KW 9: Kind 1: Wechselunterricht (Mo+Mi+Fr vormittags Schule), Kind 2: Fernunterricht, Kind 3: Kindergarten

KW 10: Kind 1: Fernunterricht, Kind 2: Wechselunterricht (Mo+Mi+Fr vormittags Schule), Kind 3: Kindergarten

KW 11: Kind 1+2: Regelunterricht, Kind 3: Kindergarten

KW 12: Kind 1+2 Regelunterricht, Kind 3: krank

KW 13 (3 Tage): Regelunterricht, Kind 3: Kindergarten

KW 14: Kind 1+2: Osterferien, Kind 3: Kindergarten

KW 15: Kind 1+2: Fernunterricht; Kind 3: Kindergarten geschlossen (nur Notbetreuung)

KW 16: Kind 1+2: Fernunterricht; Kind 3: Kindergarten geschlossen (nur Notbetreuung)

KW 17: Kind 1+2: Fernunterricht; Kind 3: Kindergarten geschlossen (nur Notbetreuung)

KW 18: Fernunterricht; ab Freitag werden Kindergärten und Schulen wieder geöffnet, da der Inzidenzwert nun schon lange genug unter der 165 liegt. D.h. Kind 1+2 haben am Freitag Schule und nächste Woche wieder Fernunterricht.

Ihr seht, es gab kaum Tage, in denen alle Kinder außer Haus waren; mindestens ein Kind war fast immer zu Hause, oft alle drei. Die Vormittage sind durch Fernunterricht und Bespaßung unseres Jüngsten geprägt (in dem Alter braucht es tatsächlich noch eine enge Betreuung), die Nachmittage werden draußen verbracht, sofern es das Wetter zulässt. Von den Sportvereinen gibt es zurzeit ja auch kein Training, da ist es gut, dass sich die Kinder viel draußen bewegen.

Rechte und Pflichten von Familien in Corona-Zeiten – was hat sich getan?

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich einiges getan. Während auf Familien zu Beginn der Pandemie kaum Rücksicht genommen wurde und die Situation zum Teil sogar romantisiert wurde („Wie schön es doch sein muss, im Homeoffice jederzeit einen Blick auf seine Kinder haben zu können …“), Homeoffice neben der Kinderbetreuung als total normal und selbstverständlich machbar dargestellt wurde, ist die Realität inzwischen zu den meisten Verantwortlichen vorgedrungen und es wurden Maßnahmen ergriffen. Leider hat es bei vielen Maßnahmen mehr als ein Jahr gedauert, um diese auf den Weg zu bringen und ich denke, es werden noch weitere Maßnahmen nötig werden, denn viele Eltern haben die Belastungsgrenze bereits überschritten.

KiTa-Gebühren
Bereits im letzten Jahr wurden Eltern KiTa-Gebühren erlassen. Wer die KiTa wegen Schließung nicht nutzte bzw. nicht nutzen konnte, musste dafür auch keinen Monatsbeitrag zahlen. Die konkrete Ausgestaltung blieb dann den Trägern überlassen.
Seit dem 10.03.2021 findet man unter dem verheißungsvollen Titel „Weiteres Hilfspaket für Familien geschnürt“ die Erklärung, unter welchen Bedingungen und mit welcher Summe das Land BW dieses Mal die Träger unterstützt.
Wenn man genau nachliest, findet man den ein oder anderen Haken:
1. Es geht nur um die coronabedingten Schließzeiten vom 11. Januar bis 22. Februar 2021. Alles andere (Quarantäne-Schließzeiten etc.) ist nicht relevant.
2. Da das Land die Träger unterstützt, ist nicht unbedingt sichergestellt, dass das Geld gleichermaßen bei allen betroffenen Eltern ankommt. Wahrscheinlich rechnen die Träger zum Großteil taggenau ab und berechnen nur anteilig den Umfang, den die Kinder in der Notbetreuung verbracht haben. Vielleicht wird aber hinterher (je nach Kassenlage) auch rückwirkend die Gebührenordnung noch einmal geändert.
Aber mal ehrlich: mit der Erstattung der Elternbeiträge ist noch nicht viel geholfen.

Kinderkranktage
Bereits Anfang des Jahres 2021 hat Angela Merkel öffentlich erklärt, dass es mehr Kinderkranktage geben soll und diese auch zur Betreuung der Kinder während coronabedingter Schließzeiten eingesetzt werden dürfen.
Der Anspruch auf Kinderkrankentage wurde dann tatsächlich verdoppelt und ausgeweitet.
Damit hatten dann alle gesetzlich versicherten Angestellten einen höheren Anspruch auf Kinderkrankentage.
Nun fallen darunter aber weder Beamte, Selbständige noch Privatversicherte. Auch die haben u.U. Kinder und ein echtes Betreuungsproblem und damit schnell auch ein finanzielles Problem, siehe auch dieser Beitrag: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/hmp-kinderkrankengeld-nicht-fuer-privatversicherte100.html
Auf Beamte wurden die Gesetze inzwischen übertragen (https://www.bbw.dbb.de/aktuelles/news/nach-erfolgter-gesetzesaenderung-des-bundes-hat-das-land-seine-regelungen-aktualisiert/

https://www.bbw.dbb.de/fileadmin/user_upload/www_bbw_dbb_de/pdf/2021/Rechtliche_Hinweise_d._Innenministeriums_und_d._Finanzministeriums_-_Sta.._.pdf). Allerdings hat es ein paar Wochen länger gedauert, die die Eltern darauf warten mussten und es hat wohl jedes Bundesland wieder seine eigenen Vorgaben erstellt. Tatsächlich habe ich die Informationen für BW erst durch eine gezielte Suche auf den Seiten der Gewerkschaften gefunden. Man sollte meinen, dass es für solche Dinge einen Verteiler gibt, aber auf dem Dienstweg kam das leider nicht bei uns an. Was leider weiterhin nicht geregelt ist: wenn die Kinder über den verbeamteten Elternteil privatversichert sind, der andere Elternteil aber in der gesetzlichen Versicherung, erhält nur der verbeamtete Elternteil bezahlte Kinderkranktage. Ein Abwechseln zwischen den Eltern ist alleine deshalb bei dieser Konstellation nicht wirklich möglich.
Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man übrigens über die ein oder andere Regelung fast schmunzeln: Die Regelungen sollen tatsächlich rückwirkend gelten – aber wie nehme ich nun rückwirkend Kinderkranktage?
Dass es an Regelungen für Selbständige fehlt, ist bereits bekannt und es wird wohl daran gearbeitet. Aus den gemachten Erfahrungen zu schließen, kann es noch ein paar Monate dauern, bis es dann eine (vielleicht sinnvolle) Lösung gibt.

Was weiterhin bleibt, ist das Dilemma der Eltern, sich zwischen Arbeit und Kinderbetreuung entscheiden zu müssen. Egal wie man sich hier entscheidet, etwas wird immer auf der Strecke bleiben. Bei den Arbeitgebern werden Eltern und insbesondere Alleinerziehende mit (mehreren) Kindern sicherlich nicht beliebter. Durch die ständig möglichen Kinderkranktage ist die Einsatzfähigkeit von Eltern quasi unberechenbar. Ob man die Kinderkranktage wirklich nimmt, will gut überlegt sein, steht man damit doch sicherlich in dem ein oder andern Unternehmen schnell auf der Abschussliste. Die Verantwortung, die hier den Eltern auferlegt wird, ist also sehr hoch und DIE richtige Entscheidung gibt es nicht.

Ich persönlich hätte eine Corona-Elternzeit bevorzugt, die es zulässt, meine Berufstätigkeit wegen der Schulschließungen zu reduzieren und die Art der Arbeit anzupassen, um nach Schulöffnung wieder normal weitermachen zu können. Das wäre vielleicht auch meinem Arbeitgeber entgegengekommen. Der muss für die Zeit des Ausfalls schließlich Ersatz organisieren (können). Wer soll die Arbeit denn erledigen, wenn Kinderkranktage genommen werden? Wer soll denn die Klassen unterrichten, wenn Lehrkräfte wegen der eigenen Kinderbetreuung ausfallen? Ich selbst hätte bei eingeschränktem Schulbetrieb mit drei kleinen Kindern 45 Tage, d.h. min. 9 Wochen im Jahr fehlen dürfen!! Wie soll das denn in der Praxis funktionieren? Da müsste man ja tatsächlich Vertretungslehrkräfte einstellen, die dann den Unterricht adäquat übernehmen können …

Überstunden (nicht nur) in der Pandemie
Genau dasselbe Problem haben derzeit viele Eltern mit kleinen Kindern. Hierzu noch zwei Erfahrungsberichte von Lehrerinnen. Ein kleine Hilfe könnte hier auch die Erfassung und der Ausgleich von Überstunden darstellen, damit das Zeitproblem der Eltern entschärft wird. In vielen Branchen werden viele (unbezahlte) Überstunden geleistet, was besonders Teilzeitkräfte stark belasten kann, insbsondere während der Pandemie. Vom EuGH wurde die Arbeitszeiterfassung ja bereits bereits 2019 gefordert (EuGH, Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18), in vielen Branchen, u.a. auch bei den Lehrern wurde diese bisher nicht umgesetzt. Wann (und ob überhaupt) diese Arbeitszeiterfassung nun in allen Bereichen kommt, bleibt offen.